gerade wenn es so richtig nach Herbst aussieht (siehe lincnic.com) und ich fast schon meine Sommersachen auf den Dachboden bringen will, kommt der Sommer noch mal raus. Dieses Mal aber in seiner mitteleuropäischen Form: angenehme 30 Grad, trockene Luft und kühle Nächte. Nicht dass mich die tropische Luftfeuchtigkeit in den vergangene Monaten gestört hätte, aber das hier ist doch ein bisschen heimatlicher. Heimatsnostalgie (Heimweh wäre ein zu starkes Wort) schein auch sonst das Thema meines derzeitigen Lebens zu sein. Letzte Woche bin ich mit dem Zug nach Philadelphia gefahren und hätte dabei fast vergessen, dass ich in Amerika bin. Zugfahren ist ja so was von europäisch und dann kommt man auch noch ein einer wundervollen Stadt an, in der es vor historischen, alten, schönen Backsteinhäusern nur so wimmelt. Das Haus von Mary-Fatimahs Eltern, wo ich sie (meine Freundin von hier aus Columbia) besucht habe, war auch von innen so herrlich alt. Mit knarzenden Holzdielen, echten Holztüren und Ventilatoren statt Klimaanlage. Keine Ahnung warum ich beim Wohnen so auf alte Häuser stehe, aber die haben einfach einen ganz anderen Charme und Charakter als die aus dem Boden gestampften Neubausiedlungen, wo ein Haus dem anderen gleicht. Ist mir erst gestern aufgefallen, dass die wohl deshalb alle Straßen hier in Columbia doppelt und dreifach ausschildern, weil man sonst vor lauter Gleichförmigkeit wirklich nicht wüsste, wo man gerade ist. Wenn ich hier durch die Straßen laufe, fange ich immer unwillkürlich an, den Titelsong von der Serie „Weeds“ zu summen, in dem dieses Konformität veräppelt wird: „little boxes (= Häuser) on the hill side, little boxes made of ticky tacky (=Sperrholzplatten), little boxes on the hillside, little boxes all the same. … And the people in the houses all went to the university, where they were put in boxes and they came out all the same.†(http://www.youtube.com/watch?v=u4KfJztaJ5I)
Naja, und das mit den Leuten stimmt halt auch irgendwie erschreckenderweise. Die Gegend hier ist so was von Mainstream, dass ich kaum eine Wahl habe als demonstrativ anders zu sein. Alles dicke weiße Leute hier außer uns (ehrlich, wenn ich mir unsere Nachbarn anschaue, da zähle ich mich definitiv zu den Asiaten), alle haben zwei fette Autos, zwei Kinder und nen Hund. So richtig typische Amerikaner halt. Leider fahren die auch alle eher die konservative Schiene und wenn ich sehe wie viele es von der Sorte gibt, da graut es mir echt vor den bald anstehenden Wahlen. Es ist für mich einfach total unverständlich, wie nach allem, was Bush in den letzten Jahren angerichtet hat, es noch immer so viele Menschen gibt, die einen weiteren Politiker aus der selben Partei wählen würden. Wie um alles in der Welt stellen die sich vor, dass die gleiche Politik einen Wandel herbeiführen soll, der hier so nötig ist? Dass was passieren muss, darüber sind sich nämlich alle einig.
Langsam wird es auch einfach mal Zeit, dass endlich gewählt wird, denn je länger sich das ganze hinzieht, desto mehr werden Kleinigkeiten hochgeschaukelt und wahlentscheidend. Im Moment diskreditiert sich McCain gerade durch eine schwangere Teenietochter seiner Vizekandidatin und wer weiß, was sie demnächst wieder gegen Obama aus dem Ärmel ziehen. Politik ist hier eine ziemlich emotionale Sache. Viele Leute stellen sich Schilder von dem Kandidaten in den Vorgarten, den sie unterstützen wollen. So ist mir von gestern auf heute schlagartig eine Nachbarsfamilie unsympathisch geworden, die sich als Republikaneranhänger geoutet haben.
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